Heute durfte ich das erste Mal seit Mitte März wieder Gäste auf einer Führung empfangen. Es waren zwei Personen - ein Schweizer und eine Portugiesin. Welch' eigenartiges Gefühl! Seit rund 14 Jahren begleite ich Gäste aus dem In- und Ausland durch die wunderschöne Stadt Zürich. Heute aber fühlte ich mich, als wäre es eine meiner ersten Touren. Nicht, dass ich die Geschichte und Geschichten vergessen hätte. Nein, ich empfand vielmehr eine Verunsicherung ungewohnter Art; Wie gehe ich neu auf meine Gäste zu, damit die aktuellen Schutz- und Hygienemassnahmen eingehalten werden? Immer wieder musste ich mich daran erinnern, nicht in alte Muster zu fallen, Abstand zu halten und aus Distanz zu kommunizieren. Das war das Eine!
Das Andere war: Die Gassen, die Plätze sind so vertraut, doch trotzdem erscheint alles fremd. Die Atmosphäre der Stadt ist leblos, irgendwie gespenstisch. Als würde die Stadt, die Menschen in ihr verharren und abwarten, was noch alles auf sie zukommen mag. Die Vorsicht, Zurückhaltung und auch Furcht ist förmlich zu spüren.
In all' diese Sinneseindrücke drängt sich jedoch ein besonderes Erlebnis: Im Haus zum Rech bestaunten wir auch auf dieser Führung das grandiose Stadtmodell, welches Zürich um 1800 abbildet. Kurz bevor wir das Haus verlassen wollten, hielt uns ein netter Herr auf und fragte uns, ob wir einen Blick in die Ausstellung vom Theater Stok anlässlich des 50 Jahr Jubiliäums, welche morgen im Haus zum Rech eröffnet, werfen wollten. Wir waren einverstanden und tauchten so ein in eine vermeintlich längst vergangene Zeit und in die faszinierende Welt dieses Zürcher Kleintheaters. Der nette Herr stellte sich als Peter Doppelfeld, Theaterleiter heraus. Dank ihm kamen wir in den Genuss von allerlei lebendigen Anekdoten, welche uns die beklemmende und ausserordentliche Situation in der Realität für ein paar Momente vergessen liessen.
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